Im Jahre 1476 zog der Burgunderherzog Karl der Kühne mit einem grossen Heer gegen Westen und bedrohte damit die Freiheit der jungen Eidgenossenschaft. Vor den Toren Murtens schlug er sein Lager auf und beabsichtigte, das Städtchen auf seinem Eroberungszug einzunehmen. Soldaten aus mehreren Kantonen eilten den Verteidigern von Murten zuhilfe, so auch eine Truppe von Freiburg, das damals noch nicht Mitglied der Eidgenossenschaft war. Es kam zu einer fürchterlichen Schlacht in der das gut gerüstete Heer des Burgunders vernichtend geschlagen und in die Flucht getrieben wurde. Um die bangenden Angehörigen der Freiburger Soldaten möglichst schnell über den Sieg zu benachrichtigen, schickte man einen Boten in die 17 Kilometer entfernte Stadt. Der Läufer trug zum Zeichen des Sieges einen Lindenzweig in seinen Händen und lief die gesamte Strecke ohne zu rasten. Als er schliesslich vor dem Freiburger Rathaus völlig erschöpft ankam, rief er mit letzter Kraft dreimal „Sieg“, bevor er vor der jubelnden Menge zusammenbrach und an Ort und Stelle verstarb. Dieser Sage nach wurde dann der Lindenzweig zu Ehren des Boten und der siegreichen Soldaten an jener Stelle gepflanzt; daraus soll ein prächtiger Baum, die Murtenlinde, gewachsen sein. Zum Gedenken an diese Episode der Freiburger Geschichte findet alljährlich der Murtenlauf statt.
Tatsächlich stand bis Mitte der 1980er Jahre eine knorrige Linde, die um 1470 gepflanzt worden war, in unmittelbarer Nähe des Rathauses. Bereits sehr geschwächt vom Alter, wurde sie 1985 von einem Lastwagen umgefahren, womit das geschichtliche Monument seinen Todesstoss erhielt. An genau jener Stelle steht nun die Plastik Der Murtenläufer. Ein Ableger der uralten Linde wächst heute übrigens als bereits stattlicher Baum vor dem Freiburger Rathaus.
Die beiden Künstler bedienten sich für ihre Plastik der übrig gebliebenen Materialien, die ehemals die alte Linde umrandet und gestützt haben. Das Werk aus Eisen und Marmor bildet auf der vielbefahrenen Strasse eine Art verkehrsberuhigende Insel. Sie besteht aus drei, im gleichseitigen Dreieck angeordneten, grob kannelierten Steinsäulen und in ihrer Mitte befinden sich rotlackierte Stahlträger, die in frecher Weise mit den altertümlich anmutenden Säulen kontrastieren. Durch die roten Zickzackformen wird Dynamik suggeriert, womit in bildhafter, stilisierter Form an den Siegesboten erinnert wird. (AW/bf)