Der Bildhauer Adrian Fahrländer schuf für die OS Murten ein Werk der besonderen Art, denn er benutzte für einmal nicht Holz oder Stein als Werkmaterial, sondern elektronische Geräte. In der zentralen Eingangshalle projizieren zwei Beamer grossformatige farbige Bilder auf die Schiebewände der Aula. Im Zweiminutentakt wechseln die Motive – Pausenplatz / Biotop / Zugangsweg. Bei genauerer Betrachtung sind es Standbilder des Schulgeländes, manchmal mit und manchmal ohne Passanten. Mehrere auf dem Schulhausareal platzierte Videokameras übertragen nach einem Zufallsprinzip Aussenperspektiven ins Innere des Schulgebäudes.
Der Titel des Werkes „Little Sister“ ist eine augenzwinkernde Anspielung auf Georges Orwell und den bekannten Spruch „Big brother is watching you!“. Der britische Schriftsteller zeichnete kurz nach dem 2. Weltkrieg in seinem Roman „1984“ eine beängstigende Zukunftsvision mit einem totalitären Überwachungsstaat. Die gleichnamige Fernsehshow „Big Brother“ ist wohl auch jüngeren Betrachtern ein Begriff. Der Künstler Fahrländer betont jedoch in der Projektbeschreibung, es gehe „nicht um Überwachung, sondern darum, einen Bezug zwischen Innen und Aussen herzustellen, die verschiedenen Aspekte und Aktivitäten des Schulbetriebes auf einen Punkt zu fokussieren.“
Die Wettbewerbsjury, die für die Auswahl dieses Werkes verantwortlich war, charakterisiert die Installation wie folgt: „Die Jury ist von der Grösse der projizierten Bilder auf den Schiebewänden beeindruckt. Je nach Witterung und Geschehen fangen die Kameras vollkommen verschiedene Bilder und Stimmungen ein und übertragen diese ins Innere des Gebäudes. Die Schüler werden gleichzeitig zu Betrachtern und Betrachteten, d. h. sie spielen im Kunstwerk eine wichtige Rolle. Mit den sich ständig wechselnden Bildern animiert das Projekt zu immer wieder neuem Hinschauen und setzt sich zeitgemäss mit der Lebendigkeit und den vielfältigen Aktivitäten einer Schule auseinander.“ Positiv bewertet die Jury zudem den Umstand, dass die Beamer-Anlage auch für andere Zwecke benutzt werden kann. Das Kunstwerk hat also nicht nur eine ästhetische Dimension, sondern birgt die Möglichkeit der praktischen Nutzung im Schulalltag. (BF)