Neben dem markanten Osteingang zur Altstadt von Murten, dem Berntor mit seinem augenfälligen Uhrwerk, befindet sich eine künstlerische Fassadengestaltung von Petra Petitpierre. Dargestellt sind zwei Musikanten in Landsknechtuniform, ein Trommler und ein Pfeiffer. Zu ihren Füssen steht eine Zinnkanne. „Piccolos“ nannte die Künstlerin das Werk und man denkt angesichts dieses Motives an die Umzüge und das bunte Treiben der Fastnachtsgesellschaften in manchen Schweizer Städten. Auch in Murten hat die Fasnacht eine lange Tradition. Ob das Werk Petitpierres von Mitte der Dreissigerjahre wohl im Zusammenhang mit der Gründung eines Tambouren Vereins 1932 in Murten stand? Oder nehmen die beiden Männer mit Schweizerkreuz auf der Brust Bezug zu den Burgunderkriegen, in denen die Eidgenossen 1476 die Belagerer von Murten, Karl den Kühnen und sein Heer in vernichtender Schlacht vertrieben? Die charakteristische Kleidung gehörte jedenfalls im Spätmittelalter zur Ausstattung der Landsknechte, die als Fussvolk gepanzerte Reiter auf den Kriegszügen durch Europa begleiteten. Die Uniform und Ausrüstung der päpstlichen Garde in Rom erinnert heute noch an jene Zeiten, als viele junge Schweizer in Söldnerdiensten für fremde Herren ihr Leben riskieren mussten.
Die Künstlerin wählte für die Realisierung des Werkes die alte Technik des Sgraffito. Das Wort stammt vom italienischen „graffiare“ und bedeutet „ritzen“ oder „kratzen“. Es handelt sich um ein technisches Verfahren, in dem auf die Hausfassade unterschiedlich eingefärbte Mörtelschichten aufgetragen und dann Bildmotive und Muster aus dem noch feuchten Putz herausgekratzt werden. Diese spezielle Kratzputztechnik wurde besonders im Italien des 16. Jahrhunderts für die Fassadengestaltung verwendet und war auch Inspirationsquelle für die, in der Schweiz bekannten Häuserfronten des Engadins und der angrenzenden Bündner Talschaften.
Petitpierre, eine gebürtige Zürcherin, lebte ab 1934 bis zu ihrem Tod 1959 in Murten. Ihre Studien absolvierte die junge Künstlerin bei mehreren namhaften Malern des 20. Jahrhunderts, so unter anderem in Kursen am Bauhaus bei Josef Albers, Wassily Kandinsky und Paul Klee oder bei Fernand Léger in der Académie de la Grande Chaumière in Paris. (BF)