Auf dem Berner Waisenhausplatz steht ein Brunnen wie aus einem verwunschenen Märchenland. Im Sommer wirkt der mit Moos und Gräsern überwachsende Turm wie ein knorriger, alter Baum. Im Winter verwandeln ihn lange Eiszapfen in eine bezaubernde Eisskulptur. Für Meret Oppenheim, seine Erschafferin, war klar, dass ein klassischer Brunnen noch mehr Unordnung in die damalige „Autowüste“ auf dem Waisenhausplatz bringen würde und „nur ein von Wasser umringter Turm in in Frage kommt“. Der 2003 umgestaltete und verkehrsberuhigte Waisenhausplatz bietet der Skulptur heute eine ganz neue Bühne und setzt sie ins Zentrum der Begegnungszone neben dem Kulturzentrum Progr. Wie sich der Platz mit den Jahren verändert hat, so entwickelt sich auch der Brunnen stets weiter - als Symbol des Wachsens und des Lebens.
Der Berner Brunnen ist eines der wenigen realisierten Brunnenprojekte der Surrealistin Meret Oppenheim, Die eigenwillige und innovative Künstlerin zeichnete sich bis zu ihrem Tode 1985 durch ihre vielseitigen und facettenreichen Arbeiten aus. Bereits als junge Frau wurde sie in Paris mit ihrer „Pelztasse“ (“Dejeuner en fourrure“1936) im Umfeld der Surrealisten weltberühmt und von ihnen als Muse gefeiert. Nach 1950 lebte sie wieder in der Schweiz und war als Malerin, Objektkünstlerin und Lyrikerin tätig. Oppenheim war eine wegweisende Figur der modernen Kunstgeschichte wie auch Jean Tinguely oder Daniel Spoerri. (Quelle: bePArt 2013)