Zu seiner allerpersönlichsten dreidimensionalen Formensprache kam Werner Witschi durch die Entdeckung des "Moirés". Mit diesem Begriff bezeichnet man Gewebe- und Gitterstrukturen, die durch Überlagerung und Bewegung ein irrationales, ebenso naturhaftes wie künstliches Formenspiel ergeben. Witschi beschrieb die Wendung in seinem Schaffen 1966 wie folgt: “Als ich 1966 zu den kinetischen Objekten überging, hatte ich die Idee, mehrere Drahtgitter hintereinander pendeln zu lassen, in der Erwartung, dass sich bei der Überlagerung der Gitter verschieden dunkle Grau ergäben. Dies war auch der Fall. Aber die grosse Überraschung war die, dass sich zu diesem Einfall ein Zufall einstellte: die Moirés." Fortan stand das Moiré mit seinen unendlichen, unaufhörlichen, bewegten Formschöpfungen durch Überlagerung und Verschiebung von Gittern und anderen geometrischen Strukturen im Mittelpunkt von Witschis Schaffen. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten bereiteten ihm Freude und ständigen künstlerischen Ansporn. Im Wellenspiel, in den Blättem von Baumkronen, in vom Wind gewiegten Halmen entdeckte er Moiré-Effekte auch in der Natur. Über drei Jahrzehnte waren dem damals 60jährigen noch vergönnt, um dem Moire seine unerschöpflichen Zufallserscheinungen zu entlocken. Damit wurde der Künstler Werner Witschi zu einem wesentlichen Interpreten eines weiteren Leitbegriffs der Kunst des 20.Jahrhunderts, des Zufalls, der von Marcel Duchamp über Picassos,”ich suche nicht, ich finde" bis zur Aetion-Malerei eines Jackson Pollock und - eben - bis zu den Moirés von Werner Witschi das Zepter führtet. (Quelle: von Tavel 2002)