Bernhard Luginbühls monumentale Metallplastik Christophorus (1986) ist ein anschauliches Beispiel für das Zusammenwirken von Zeitgeist und Stadtplanung, die beide dem historischen Wandel unterzogen sind. Als Teil des künstlerischen Konzepts zur Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes wurde der Christophorus 1991 zusammen mit Werken anderer regionaler Künstler aufgestellt und an der Heiliggeistkirche installiert, bezugnehmend auf den einstigen Christoffelturm nahe der Kirche.
Mit dem Beginn der Umbauarbeiten des Bahnhofsvorplatzes im Jahr 2007 verschwanden die fest etablierten Kunstwerke. Luginbühls Christophorus wurde seitdem im Skulpturenpark des Künstlers in Mötschwil zwischengelagert. 2015 kehrte die Plastik nach Bern zurück, wo sie mit ihrem neuen Standort vor dem Burgerspital am Bahnhofsplatz einen prominenten Platz eingenommen hat. (Herbst/Buder 2013) Auch die Familie des verstorbenen Künstlers ist mit dem neuen Standort einverstanden. Die Figur ist heute wie einst in der Nähe des früheren Christoffelturmes platziert. Der Turm war vor 150 Jahren im Zuge einer Stadterneuerung abgerissen worden. Die historische Holzskulptur des Christophorus- der Schutzheilige der Reisenden-, die über dem Tor stadtauswärts in einer Nische untergebracht war, wurde damals als Brennholz an Bedürftige verteilt. Nur Kopf und Füsse des Heiligen blieben erhalten. Der Kopf ist in der Unterführung des Bahnhofs zu sehen. «Die Figur meines Vaters ist ein Mahnmal und erinnert an die Verbrennung der Holzfigur», sagt Brutus Luginbühl. Das Schicksal des Heiligen hatte den Künstler lange beschäftigt. So war die Aktion «Zorn» auf der Berner Allmend von 1976, als Luginbühl ein riesiges Holzgebilde in Flammen aufgehen liess, ein verspäteter Protest gegen den Abriss des Turmes und die Verbrennung des Christophorus.  (Der Bund 2015)