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Serra Richard

Maillart Extended

1988, Plastik

Serra Richard

Beschreibung

Kaum ein Kunstwerk im öffentlichen Raum hat in den letzten Jahren in unserer Region für so viel Gesprächsstoff, aber auch Unmut und Ärger gesorgt, wie die Installation des amerikanischen Eisenplastikers Richard Serra bei der Grandfey-Brücke. Schon bei der Montage im Herbst 1988 bekundeten viele Leserbriefschreiber ihre Mühe oder Ablehnung mit der minimalistischen Gestalt des Werks oder betrachteten die Eisenbalken als gefährliches Hindernis für die Passanten. Einen erneuten Medienrummel verursachte im Sommer 2007 die SBB, als sie einen Handlauf direkt an die Eisenplastik anschweissen liessen und damit in den Augen der Experten das Werk von Serra zerstörten. Ein Pressesprecher betonte allerdings, dieses Geländer sei aus Sicherheitsgründen in Auftrag gegeben und nicht absichtlich, sondern aus Unwissenheit direkt an die Plastik fixiert worden. Der ursprüngliche Zustand wurde schliesslich, soweit möglich, wieder hergestellt. Das Werk am Eisenbahnviadukt über den Schiffenensee trägt jedoch weiterhin produktiv am Kunstdiskurs bei und wird in Auseinandersetzungen zum Wesen und zur Funktion der künstlerischen Arbeit gerne zitiert, um zu „beweisen“ was Kunst ist – und was nicht. Das Werk von Serra besteht aus zwei Winkelelementen aus Cor-Ten-Stahl, die beidseits der Brücke im Aufgang zur Fussgängerpasserelle angebracht wurden. Die balkenförmigen Teile fügen sich wie gigantische Treppenstufen ins technische Bauwerk ein und verbinden, gleich einer metaphorischen Klammer, die Brückenkonstruktion mit dem rechten und linken Saaneufer. Da dieses Eisenbahnviadukt gleichzeitig auch die Sprachgrenze überbrückt, wird dieser Bau mit der zeichenhaften Intervention Serras für manchen Betrachter zu einem Sinnbild für das Miteinander zweier Kulturen. Das Werk wirkt mit seiner rostigen Oberfläche sehr archaisch, so als ob die Teile roh aus einem Eisenwalzwerk kämen. Die L-förmig zusammen gefügten Balken und Träger wiegen insgesamt 18 Tonnen. Die Grandfey-Brücke wurde 1858-1862 als Eisenkonstruktion errichtet und schloss die letzte Lücke in der Verbindung der Bahnstrecke von Bern nach Lausanne. In den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das Viadukt zusätzlich mit einer Betonverkleidung verstärkt und erhielt das heutige Aussehen mit den imposanten Brückenbögen. Bei diesem Ausbau war der Genfer Robert Maillart als technischer Berater tätig; der Name des Werkes weist auf diesen damals bekannten Ingenieur hin. Der amerikanische Plastiker Richard Serra ist einer der wichtigsten Vertreter der Minimal-Art. Diese Stilrichtung des ausgehenden 20. Jahrhunderts führte gleichsam die Idee der Abstraktion auf einen Höhepunkt, indem sich der Künstler auf minimale bildnerische Mittel beschränkte, auf allen „Ballast“ verzichtete, um so das Einfache, Zeichenhafte zu betonen. Serras Werke werden international von vielen Kunstinteressierten geschätzt und befinden sich in den grossen Museen für moderne Kunst. So widmete ihm 2007 auch das MOMA in New York eine umfassende Retrospektive. Sollte es nun für uns Freiburger ehrenvoll sein, ein bedeutendes Werk der Minimal-Art zu besitzen, oder wird sich irgendwann der Wunsch einer Leserbriefschreiberin unter dem Titel „Skulptur muss weg“ durchsetzen? „Eine Handvoll Kunstinteressierte bangt um ein Kunstwerk und die Bevölkerung wäre glücklich, wenn diese Stahlskulptur verschwinden würde. Kunst soll Freude bereiten.“  - Soll Kunst nur Freude bereiten, oder darf sie auch stören? (BF)

Material

Standort

Adresse:
Balliswil
1763 Düdingen
Umfeld des Werkes: Fussgängerüberführung Treppenaufgang der Grandfey Brücke
Zugänglichkeit:
Bedachung: partiell
Vegetation: keine
Verkehrsbelastung: gering

Studium

  • "Ist das Kunst?" Diese Frage stellen sich viele Leute zu diesem Werk des Amerikaners Richard Serra. Versuche eine Definition von 'Kunst' zu notieren.
  • Seit der Installation dieses Werkes haben sich mehrere Personen in den Leserbriefspalten der Freiburger Nachrichten zu diesem Werk geäussert. Einige davon ärgerten sich offensichtlich über diese Metallplastik. Welche Gründe führen zu der, zum Teil heftigen Ablehnung? Gibt es auch positive Aspekte? Diskutiere mit deinen Mitschülern die Funktion der Kunst in der Gesellschaft.
  • Verfasse einen Antwort-Leserbrief, in dem du dieses Kunstwerk verteidigst.
  • Diskutiere die folgende Begebenheit: Im Sommer 2007 liessen die SBB, Besitzer der Brücke,  einen Handlauf - angeblich aus Sicherheitsgründen - direkt an die Eisenplastik anschweissen. Wurde damit das Kunstwerk zerstört? Notiert mögliche Formen von Beschädigungen eines Werkes.  (Nach heftigen Protesten von Kunstexperten wurde das Geländer wieder entfernt).
  • "Maillart extended", so der Name des Werks, wurde speziell für diesen Ort geschaffen. Serra verlängerte mit seinen Winkelbalken die Brücke und setzte mit dieser Form bewusst einen Kontrast zu den Brückenbogen.
    Realisiere ein Projekt für eine Plastik im Sinne von Serra, indem du für ein dir bekanntes Gebäude ein passendes Objekt planst (Fotomontage oder dreidimensionales Projekt). Beschreibe das Projekt und begründe deine Entscheidungen wie ein Künstler, der sein Werk einer Kommission zur Realisierung empfehlen möchte.

Quellen

  • Lehnherr, Yvonne (2008), Richard Serra, Blätter des MAHF, Freiburg
  • Freiburger Nachrichten: SBB zerstörten Serra-Skulptur, 22. August 2007
  • Freiburger Nachrichten: Skulptur muss weg, Leserbrief (M. Jungo), 23. August 2007
  • Wikipedia
pARTicip App: Maillart Extended