Der Friedhof von Jaun ist wohl eine der eindrücklichsten Sehenswürdigkeiten des Jauntals. Die überdachten Holzkreuze mit dem Gekreuzigten sind in einheitlicher Manier gestaltet, doch jedes Grabmal bezieht sich dennoch in ganz persönlicher Art auf das Leben und Wirken der Verstorbenen. Die Kreuze sind jeweils mit einer geschnitzten Holztafel hinterlegt worden. Diese Reliefs zeigen rechts und links des zentralen Balkens oft eine charakteristische Situation im Berufsalltag oder auch ein besonderes Interessensgebiet, ein Hobby, der Verstorbenen. Im oben abgebildeten Beispiel wurde der Verstorbene portraitiert, wie er einerseits als Siegrist amtete, andererseits aber auch das traditionelle Handwerk eines Schindeldachdeckers beherrschte.
Die folgende Textpassage verdeutlicht in treffender Weise die Atmosphäre im Kirchhof: „Wer über den Friedhof von Jaun geht, wird sehen, welch ein Einblick in den Alltag, welche Freuden und Leiden der Menschen des Bergdorfes im Wandel der Jahre man hier erkunden kann. Aber begeben wir uns doch einmal auf den Spaziergang durch den Friedhof: Dort sehen wir zum Beispiel einen Bauern beim Käsen auf der Alp. Auf der anderen Seite der Wand vernehmen wir, dass er nebenbei auch noch Imker war. Oder da gibt es den Lastwagenführer, der tagsüber Holz herumfuhrwerkte und abends auf seinem Schwyzerörgeli spielte und es gerne lustig hatte. Der Jäger, der sich in der Natur und vor allem in den Bergen am Wohlsten fühlte.“ (Buchs / Jaggi / Hächler, 1995)
Neben den Darstellungen von derartigen Alltagsszenen treten aber auch symbolische Bilder sowie biblische und religiöse Motive auf.
Werner Schuwey würdigte das Leben und Werk des Jauner Schnitzers der Friedhofkreuze anlässlich seines Todes in einem ausführlichen Beitrag in den Freiburger Nachrichten. So erwähnte er auch den Anfang dieses einmaligen Gesamtwerks: „Sinnigerweise hat ein Todesfall in der Familie den Anstoss dazu gegeben, nämlich jener seines Grossvaters im Jahre 1948. Das war der Zeitpunkt, als er zu schnitzen begann. Ohne besondere Werkzeuge, mehrheitlich mit Grossvaters Schuhmachermesser, machte er sich daran, eine Christusfigur zu schnitzen. Sie sei ihm nicht besonders gut gelungen, sagte er später. Es war aber die Entdeckung eines grossen Talentes. Und seither hat Walter über 150 Grabkreuze geschnitzt.“
Die Deutschfreiburgische Arbeitsgemeinschaft DFAG hat das Werk von Walter Cottier 1988 mit der Verleihung des Deutschfreiburgischen Kulturpreises gewürdigt: "... der mit der Gestaltung des Friedhofs von Jaun ein gültiges Sinnbild der Menschheit als Gemeinschaft der Lebenden und Toten geschaffen hat." (BF)
Die Friedhofanlage bei der Pfarrkirche von Jaun:
Auch nach dem Tod von Cottier wird die Tradition
des Grabkreuzschnitzers gewahrt.